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Geschichte der Lessing-Raabe-Loge

Am 30.11.1873 wurde die Lessing-Loge Nr. 1 zu Braunschweig von 15 Brüdern gegründet und von der Großloge des Deutschen Reiches feierlich eingesetzt. Der 1. Obermeister war der Hofbuchdruckereibesitzer Julius Krampe. Im Hause des Bruders Spierling in der Schöppenstedter Straße fanden die ersten Sitzungen statt. Bis zum Jahre 1878 war es der Loge durch die Spendenbereitschaft ihrer Brüder gelungen, ein eigenes Haus in der Okerstraße zu bauen. Der Grundstein für diesen Bau wurde am 16.02.1878 gelegt. Die bei dieser Grundsteinlegung eingelegte Urkunde, in der die historische Entwicklung und Verbreitung des Odd-Fellow-Ordens in Deutschland und speziell in Braunschweig beschrieben ist, befindet sich im Originaltext im Archiv der Stadt Braunschweig.

Die glänzende Ausstattung, die prunkvoll handgeschnitzten Meisterstühle, die noch heute erhalten und im Besitz der Widekind-Loge in Wolfenbüttel sind, seien besonders erwähnt. Die hervorragende Architektur der Halle mit ihrem Kuppelbau pries im Jahre 1898 der Deputierte Groß-Sire von Europa, Dr. Hermann Block mit den Worten:

„Die Lessing-Loge zu Braunschweig hat, mit Ausnahme von Kopenhagen, die schönste Halle Europas“.

Die junge Loge entwickelte sich in den folgenden Jahren ständig weiter. Beim 25-jährigen Jubiläum konnten bereits 84 Brüder gezählt werden.

Leider verlor die Loge durch Inflation ihr gesamtes Barvermögen. Sie blieb aber glücklicherweise im Besitz des schuldenfreien Logengrundstücks in der Okerstraße. Inzwischen war die Mitgliederzahl auf 200 Brüder angewachsen.

Deshalb stellten 25 Brüder am 06.06.1922 den Antrag, in Braunschweig eine 2. Loge gründen zu dürfen.

Begründet wurde der Antrag mit dem Hinweis, dass durch das starke Anwachsen ein wahrhaft brüderliches Verhältnis, ein sich gegenseitiges Kennenlernen nicht mehr möglich sei und dass dadurch die ODD-FELLOW-ldeale gefährdet und der Geist der Lehre des Ordens verletzt werde.

Diesem Antrag wurde durch die Großloge entsprochen und die neue Loge, die „Wilhelm-Raabe-Loge“ Nr.2 zu Braunschweig wurde am 17.O9.1922 durch den Bezirksgroßmeister, Bruder Dr. Adolf Erl, feierlich eingesetzt. Ihre Sitzungen hielt die neue Loge in der Halle der Lessing-Loge, ihrer Mutterloge, in der Okerstraße ab.

28 Brüder, die zu jeder Logensitzung von Wolfenbüttel nach Braunschweig kamen, beschlossen nunmehr, ebenfalls eine eigene Loge zu gründen. So wurde dann am 24.06.1923 die „Widekind-Loge" zu Wolfenbüttel gegründet.

Die Jahre vergingen.

In einer Veröffentlichung aus dem Jahre 1928 zum 50-jährigen Bestehen unserer Ordenszeitschrift „Das Bruderwort“ heißt es u.a. über die Lessing-Loge:

,,Dem geistigen Leben in der Loge wurde stets besondere Sorgfalt zugewandt, was bei der großen Anzahl befähigter Brüder auch keine Schwierigkeiten machte. Zwei Brüder waren Landtagsabgeordnete, sechs Brüder waren Mitglieder des Stadtparlaments.

Im Innungswesen der Handwerkskammer stellte die Loge eine große Anzahl von Brüdern, die sich um die Hebung des Handwerks außerordentlich verdient gemacht haben. Im öffentlichen Leben bekleideten viele Brüder das Amt von Kirchenverordneten und Armenpflegern. Die Loge unterstützte regelmäßig die Gemeindepflege, Waisenhäuser und das Altersheim Marienstift usw. Der Schwesternbund der Loge zählt 83 Mitglieder. Er beteiligt sich hervorragend an deren Wohlfahrtseinrichtungen, an der Witwen-, Waisen- und Krankenpflege“.

Ein ähnlicher Bericht im Bruderwort des Jahres 1926 ist auch über die Wilhelm-Raabe-Loge zu lesen. Dort heißt es u.a.:

„Durch reiche Spenden und die Opferwilligkeit verschiedener Brüder war es möglich, die junge Loge in der schweren Zeit der Inflation über Wasser zu halten. Die Wilhelm-Raabe-Loge unterhielt einen Bruder-Hilfsfond, aus dem in Not geratene Brüder unterstützt werden konnten. Hierzu gehörte auch ein Fond, aus dem Angehörigen eine Begräbniskostenbeihilfe gewährt werden konnte“.

Nur wenige Jahre später kam das Ende der Logen, die Zerschlagung und der Verlust des mühsam durch private Initiative und uneigennütziger Opferbereitschaft aufgebauten Werkes. Im „Tausendjährigen Reich“ wurden die Logen nicht mehr geduldet, sie wurden den kommunistischen Organisationen gleichgestellt und als staatsfeindlich bezeichnet. Es drohte die Beschlagnahme des Vermögens. Aus diesem Grunde erfolgte am O2.04.1933 die Selbstauflösung des gesamten Ordens und damit auch die Auflösung der Braunschweiger Logen. Wohl konnte man die Logen verbieten und zerschlagen, den Logengedanken, die Weltanschauung des Ordens aber konnte man nicht aus den Herzen der Brüder reißen. Allwöchentlich trafen sie sich als "Stammtisch" getarnt in verschiedenen Lokalen und hielten somit die Verbindung untereinander aufrecht.

Sofort nach Kriegsende schlossen sich die noch lebenden Brüder zusammen, um die Logen wieder aufzubauen. Die erforderliche Genehmigung der Militärregierung ließ lange auf sich warten, aber am 27.10.1946 war es endlich soweit Die Lessing-Loge konnte wieder arbeiten und weiter bestehen. Die Wilhelm-Raabe-Loge folgte ihr am 12.01.1949.

Aber noch einmal schlug das Schicksal hart zu. Das Logenheim in der Okerstraße, durch Bombardierungen stark in Mitleidenschaft gezogen, konnte zwar durch Eigenhilfe und Spenden wieder aufgebaut werden. Aber in der Folgezeit stellte sich heraus, dass die laufenden Kosten aus den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht mehr aufgebracht werden konnten. Der Mitgliederstand war, bedingt durch die Zeit des Verbots, stark zurückgegangen Das Haus musste verkauft werden.