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Im Geothermiekraftwerk

Von Jens Warmers

Da uns Iceland Air aufgrund des Pilotenstreiks noch zwei zusätzliche Tage bescherte, hat Jens unmittelbar nach der Information des Reisebüros Kontakt zu Karl-Johann Ottosson aufgenommen und ihm mitgeteilt, dass wir nun doch Zeit für einen weiteren Ausflug hätten. Die Antwort kam prompt: „Haltet euch morgen ab 11:00 Uhr bereit. Ihr werdet mit dem Bus abgeholt.“ Wohin? Keine Ahnung.

Aber wir waren alle pünktlich zur vereinbarten Zeit vor dem Hoteleingang und auch Steindor und Birgir waren da. Zusammen fuhren wir zum Geothermiekraftwerk Hellisheidi, wo einer der isländischen Brüder der Generaldirektor ist. Spontan hat er einen seiner perfekt Deutsch sprechenden Mitarbeiter abgestellt, der uns durch das Kraftwerk führte. Wenig überraschend war, dass neben den Turbinen von Mitsubishi Motors, die 700 MW Strom liefern, auch deutsche Technik von Balke-Dürr im Einsatz ist. Das hochmoderne Kraftwerk gehört zu den größten auf Island und sichert im Verbund die Heißwasser- und Stromversorgung im Süden und Südwesten Islands.

Hochspannend ist der Weg des Wassers aus der Erde bis zum Meer. Das knapp 100 Grad Celsius heiße Wasser wird, wenn es von Mineralien und Schwebstoffen gereinigt ist, in isolierten Pipelines z.B. nach Reykjavik geleitet. Die Rohre sind so gut isoliert, dass der Temperaturverlust auf zehn Kilometer Strecke nur 1,7 Grad beträgt. Da das Wasser somit zu heiß für haushaltsübliche Heißwasserrohre ist, wird es in speziellen Großtanks wie dem Perlan in Reykjavik auf 75 Grad abgekühlt. Wenn das Heißwasser dann seine Heiz- und Badefunktion in den Haushalten erfüllt hat, wird es als immer noch 25 Grad warmes Abwasser zum Heizen der Bürgersteige verwendet, bevor es dann mit 5 Grad ins Meer geleitet wird (das erspart so manchem Isländer das lästige Schneeschippen). Diese sinnvolle und vor allem kostenlose Nutzung irritierte einige internationale Banker bei der letzten Bankenkrise 2008/09, als sie nach Island kamen und meinten: „Kein Wunder, dass Island pleite ist, wenn die sogar ihre Bürgersteige heizen . . .“

Im Anschluss an die Führung kredenzte uns die Ehefrau des isländischen Bruders noch einheimischen Birkenschnaps, der uns zusätzlich wärmte (klingt schlimmer, als er schmeckt).

Von "Grund" auf

Danach fuhren wir zu Bruder Julius, der mit seiner Frau eine moderne Anlage für Betreutes Wohnen mit 87 Wohnungen und ein angeschlossenes Pflegeheim für 240 Menschen betreibt. Sozusagen für Menschen, die auf den Grund ihres Lebens geworfen werden. Gründer der unter dem Namen „Grund“ firmierenden Stiftung war der Großvater von Julius´ Ehefrau. In einem kurzen Film auf Englisch bekamen wir die Geschichte von „Grund“ gezeigt und ein anschließender Rundgang durch die Anlage vermittelt uns interessante Einblicke in die Lebensmöglichkeiten älterer Menschen auf Island. Wir erhielten zur Mittagszeit auch noch eine Verpflegung, sodass gerade dieser überzählige Tag als Beispiel für spontane Odd-Fellow-Gastfreundschaft gelten darf.